Systematik
Der Fischotter gehört in die Ordnung der Raubtiere und ist verwandt mit dem Steinmarder, dem Iltis und dem Mauswiesel.
Die einzige in Europa heimische Fischotterart hat innerhalb der Unterfamilie der Otter das grösste Verbreitungsgebiet. Es erstreckt sich von Westeuropa über ganz Asien bis zum Pazifik. Neben dem eurasischen Fischotter leben in Asien, Afrika und Nord- und Südamerika 12 weitere Otterarten.
vereinfachter Bestimmungsschlüssel zu den 13 Otterarten
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Die in Ostasien verbreiteten Zwergotter (Aonyx cinereus) sind mit etwa 5 kg Körpergewicht die kleinsten Otter. Diese sehr sozialen Tiere, welche in grossen Familiengruppen mit bis zu 20 Tieren leben, sind die am wenigsten im Wasser anzutreffenden Otter. Mit ihren krallenlosen Vorderpfoten, deren Schwimmhäute zurückgebildet sind, graben sie im Sand und Schlamm nach ihren bevorzugten Beutetieren, Muscheln und Krebsen. Deren Panzer können sie mit ihren starken Zähnen knacken oder sie legen die Muscheln an die Sonne und warten, bis sich die Schalen durch die Erwärmung öffnen. |
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Trotz eines vergleichbaren Speiseplans haben die Seeotter (Enhydra lutris) ganz unterschiedliche Strategien entwickelt. Als fast ausschliesslich im Wasser lebende Tiere, hat sich ihr Skelett so angepasst, dass sie sehr effizient auf dem Rücken schwimmen können. In dieser Stellung werden dann auch die Schalentiere mit einem Stein geknackt und verzehrt, was in dieser Filmsequenz (Youtube) schön zu sehen ist. Ursprünglich entlang der ganzen Küste des Nordpazifiks verbreitet, hat die starke Bejagung zur Pelzgewinnung fast zur Ausrottung und zu nur noch drei kleinen Restverbreitungsgebieten in Russland, Alaska und Kalifornien geführt.
Bild: Vicki & Chuck Rogers |
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Die 2000 bis 3000 Fischarten der langsam fliessenden Flüsse im tropischen Regenwald in Südamerika bilden die Hauptnahrung für den Riesenotter (Pteronura brasiliensis). Dieser mit 1.5 bis 1.8 m grösste Otter, von den Einheimischen auch „lobo del rio“, Flusswolf genannt, besitzt eine mit dem Wolf vergleichbare Sozialstruktur (Filmsequenz Youtube).
Bild: Paul Bratescu |
Mehr Informationen zu diesen drei, wie auch allen anderen Otterarten finden Sie auf der Website der Otter Specialist Group.
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Aussehen
Der Fischotter hat einen schlanken, langgezogenen, sehr beweglichen Körper. Durch seine kurzen Beine wirkt er etwas gedrungen. Im Wasser bewegt er sich aber äusserst elegant und jagt seine Beute mit Tauchgeschwindigkeiten bis zu 7 km/h.

Ein Tauchgang dauert in der Regel 1-2 min. doch Fischotter können auch bis zu 7 min. untertauchen, wobei Herzschlag und Sauerstoffverbrauch gedrosselt werden. Die Nase, die Augen und die Ohren sind auf einer Ebene angeordnet. Dies erlaubt es einem an der Oberfläche schwimmenden Tier gleichzeitig geruchliche, optische und akustische Reize wahrzunehmen.
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Biber in der Fischa-Dagnitz (Elwin R) |
Fischotter und Biber, ähnlich, aber nicht verwandt
Biber und Fischotter sind beide eng an Gewässer
gebunden und können gut schwimmen und tauchen.
Diese Anpassungen an den gemeinsamen Lebensraum
führen zur gewissen äusseren Ähnlichkeiten dieser
beiden Arten, welche jedoch nicht näher miteinander
verwandt sind.
Während der Fischotter als Marder ein typisches
Raubtiergebiss mit vergrösserten Eckzähnen besitzt, hat
der Biber als Mitglied der Familie der Nagetiere
verlängerte und gebogene Schneidezähne mit einem
sehr harten, gelborangen Schmelz, welcher es dem
Biber ermöglicht, Bäume zu fällen.

Fischotterschädel (links) und Biberschädel (rechts)
(Naturhistorisches Museum Mainz, Foto: N. T. Back)
Von einem Teil dieser gefällten Bäume und deren Äste,
bevorzugt von Weichhölzern wie etwa Weiden oder
Pappeln, nagt der Biber die Rinde ab und frisst sie.
Daneben ernährt sich der Biber vor allem im Sommer
von krautigen Pflanzen und wenn landwirtschaftliche
Felder in der Nähe sind, werden auch gerne Mais und
Zuckerrüben gefressen. Äste werden zudem als
Nahrungsvorrat für den Winter und als Baumaterial im
Wasser schwimmend zum Bau oder den Dämmen
transportiert.
Mit seinen Dämmen reguliert der Biber den Wasserstand
in einem Gewässer so, dass der Eingang zu seinem Bau
immer unter Wasser liegt und so vor Raubtieren
geschützt ist.
Biberbauten sind in der Schweiz in der Regel in das Ufer
gegrabene Gänge mit einem erhöht liegenden Kessel, in
welchem die Biber den Tag verbringen und die Jungtiere
grossziehen. Für den Bau und Unterhalt der Dämme und Bauen sowie die Jungenaufzucht ist eine
Zusammenarbeit von mehreren Tieren notwendig. Eine
Biberfamilie besteht aus einem Elternpaar und den
Jungtieren von zwei Jahrgängen, insgesamt zwischen
vier und zehn Tiere. |
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Sozialverhalten
Sozialer Einzelgänger und Familientier
Fischotter gelten allgemein als Einzelgänger. Territorien werden mit Kot markiert und gegen gleichgeschlechtliche Artgenossen verteidigt. Otter sind jedoch auch soziale Tiere und Männchen und Weibchen sind während der Paarungszeit für einige Tage in enger Zweisamkeit unterwegs, jagen und spielen zusammen. Anders als andere Marderartige haben Fischotter keine eigentliche Paarungssaison, viele Fischotter paaren sich jedoch im ersten Quartal des Jahres.
Die Jungtiere leben relativ lang, nämlich während ihres ersten Lebensjahrs, im Gebiet der Mutter und erlernen während dieser Zeit alles, was sie für ein selbständiges Legen brauchen. Wenn man also auf mehrere Tiere trifft, handelt es sich meist um einen solchen Familienverband.

Zwei Fischotter auf Tauchgang im tschechischen Zoo OHRADA, Hluboka nad Vltavou (Bild Jiri Bohdal, naturphoto.cz). |
Den Fischottern wird nachgesagt, sie seien schweigsame Gesellen. Während der Paarungszeit jedoch, im Zusammenhang mit der Jungenaufzucht, beim Spielen von Jungtieren und bei Revierkämpfen kommunizieren Fischotter mit einer ganzen Reihe verschiedener Geräusche und Rufe, die weit tragen können.
Siehe auch das Ethogramm des Fischotters.
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Fortpflanzung
Fischotter sind das ganze Jahr über fortpflanzungsfähig und paaren sich in der Regel ab dem dritten Lebensjahr. Die 2-3 Jungen sind bei der Geburt ungefähr 20 cm lang und 100 g schwer. Sie wachsen rasch heran und werden dabei von der Mutter stark umsorgt. Mit etwa 3 Monaten kommen die Jungtiere das erste Mal in Kontakt
mit Wasser. Im Alter zwischen 8 und 16 Monaten verlassen sie die Mutter und sorgen anschliessend für sich selbst.
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Nahrung
Bei der Nahrungssuche sind Fischotter ausgeprägte Opportunisten und haben entsprechend ein sehr breites Nahrungsspektrum. An tierischer Beute fressen
sie alles, was sie überwältigen können, und in Notzeiten verzehren sie sogar pflanzliche Nahrung. Fischotter jagen abhängig von der vorhandenen Beute auch gezielt diejenigen Tiere, bei welchen der Jagdaufwand und der Beuteertrag in einem optimalen Verhältnis stehen.

Verschiedene Untersuchungen in England, Irland, Schweden, Dänemark, Spanien, Portugal und Griechenland, die sich mit dem Beutespektrum von Fischottern befassen, machen vor allem folgendes deutlich: Fischotter ernähren sich von einer Vielzahl von Beutetieren (Amphibien, Krebse, Vögel, Reptilien, kleine Säugetiere bis Kaninchengrösse), wobei Fische für sie mit Abstand am wichtigsten sind. Dabei kann der Nahrungsanteil der einzelnen Beutearten je nach Region und Jahreszeit enorm variieren.
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Im seichten Wasser eines Teichs werden die Beutetiere der Fischotter sichtbar: Saiblinge und Bachforellen (© Irene Weinberger).
Auf dem Speisezettel der Fischotter können jedoch auch Amphibien, Krebse, Vögel und Reptilien stehen. |
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Spuren
Fischotter leben zurückgezogen und sind nur mit Glück zu beobachten. So wurde der Fischotter, der sich Ende 2009 und Anfangs 2010 im Kanton Graubünden aufgehalten hat, nur dank der automatischen Videoüberwachung der Fischtreppe des Kraftwerkes Reichenau nachgewiesen, die er bis zur Sichtung der Videoaufnahmen unbemerkt einige Male benutzte (mehr dazu unter: www.prolutra.ch, News vom 5.5.2010).
Foto: Susana Freire, Lutra alpina
Oft verraten uns Fischotter ihre Anwesenheit in einem Gewässer nur durch ihre Spuren: durch die typischen Trittsiegel in Schlamm oder Schnee, oder durch Kot, der zum Markieren auf exponierten Stellen abgesetzt wurde.
Losungshaufen als Informationsquelle
Seine Losung (Kot) setzt der Fischotter bevorzugt am Gewässerrand auf Felsblöcken, grösseren Steinen oder Sandbänken ab. Die frische Losung verströmt einen starken Duft, welcher durch Analdrüsen produziert wird. Dieser dient dem Fischotter dazu, seine Präsenz im Gebiet zu markieren und um Informationen für andere Fischotter zu hinterlassen. Diese können so anhand der Duftmarken erkennen, ob und wie viele andere Fischotter in einem Gebiet anwesend sind, welchen Geschlechts die markierenden Fischotter sind und ob ein Weibchen paarungsbereit ist.
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Typische Orte, wo Fischotter ihre Losung absetzen, um das Territorium zu markieren. |
Fischotterlosungen, auf einer Uferverbauung und einem Stein abgesetzt.
Bild oben: Christian Bucheli, Bild unten: Sandra Gloor |
Die Losungshaufen bleiben an witterungsgeschützten Orten, zum Beispiel unter Brücken, über längere Zeit erhalten. Weil Sichtbeobachtungen von Fischottern äusserst selten sind und ihre Fuss- und Frassspuren leicht mit anderen Tieren verwechselt werden können, bilden diese Markierungen oft die einzige Möglichkeit, die Präsenz und Aktivität von Fischottern sicher nachzuweisen. |
Aktiv auch im kältesten Winter
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Bild Biopix.dk |
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Fischotter sind während des ganzen Jahres aktiv und machen
keinen Winterschlaf. Ihr dichtes Fell schliesst Luft ein und bildet so
eine Isolationsschicht, welche den Fischotter gegen die kalte Luft
schützt. Dennoch benötigen Fischotter für die Aufrechterhaltung
der Körpertemperatur viel Energie und müssen dazu regelmässig
Nahrung zu sich nehmen.
Im Unterschied zu vielen Pflanzenfressern, legen Fischotter keine
Nahrungsvorräte an und fressen sich auch keine Fettschicht an.
Daher sind sie besonders im Winter auf Gewässer mit einer guten
Nahrungsgrundlage angewiesen. Das Tauchen im kalten Wasser
ist kein Problem, das Fell der Fischotter wirkt wir ein Neopren-Anzug
und verhindert, dass sie zu stark auskühlen. So können Fischotter
auch Gewässer mit einer Eisschicht auf Nahrungssuche gehen. Einzige Bedingung ist, dass in der Eisschicht Löcher vorhanden
sind, welche die Fischotter zum Ein- und Aussteigen nutzen
können. |
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